Jetzt sind wir über’n See, über’n See

Gallabat, Sudan – Kilometer: 13200 – Wetter: 40°C, sonnig

Wir haben es geschafft, der bisher anstrengendste und zugleich aufregendste Teil unserer Reise liegt hinter uns: Wir und der Busli sind über den Nasser-See geschippert. Insgesamt 6 Tage waren wir mit dieser Reise beschäftigt.

Verschiffung

Am Tag vor der Abreise wird der Bus verladen. Robert verbringt über 4 Stunden mit den anderen Fahrern, die heute aufladen, am Hafen. Die Beifahrer dürfen nicht mit, denn der Hafen ist heute eigentlich geschlossen. Die 3 Autos werden auf einen Lastkahn gesetzt, auf die Abdeckung der eigentlichen Ladung. Sieht abenteuerlich aus, aber Gang rein und Handbremse angezogen und 3 „Inschallahs“, es wird schon alles gut gehen. Es sollen wohl auch noch Seile zum befestigen eingesetzt werden.
Wir selbst gehen am nächsten Tag (Montag) an Bord unserer Personenfähre. Die Ausreise klappt bestens und schon um 10 Uhr morgens sind wir auf dem Deck. Wir haben 2. Klasse gebucht, das heißt, entweder ein Platz unter Deck auf einer Holzbank oder oben an Deck – ohne Sitzplatz. Wir haben uns vorbereitet und schlagen mit den Anderen unser kleines Camp auf: 2 Zelte, mehrere Decken als Unterlage und eine Plane gegen die Sonne. Fertig. Noch ist das Deck leer, die Fähre soll erst 17 Uhr ablegen. Wir beobachten von oben das Beladen der Fähre. Neben unserem Essen (jeder bekommt mit dem Fährticket eine Essensmarke) werden ganze Haushalte und Umzugskommandos auf das Boot geschleppt. Immer mehr LKWs karren alles heran, was man sich so vorstellen kann – und alles wird scheinbar planlos einfach irgendwo hingeworfen.
14 Uhr: Wir fangen an, uns zu langweilen. Immernoch wird gepackt und geschleppt und verstaut. Die anderen, die auch mit auf die Fähre wollen, warten indes immernoch draussen auf dem Dock auf die Verladung ihrer Autos.
17.30 Uhr: Seit einer halben Stunde sollen wir unterwegs sein, allerdings rollen weiterhin LKW an, deren Ladung ihre eigene Höhe um ein Vielfaches übersteigt. Auch die wartenden Autos samt Besatzung sitzt immernoch unten. Das Deck ist inzwischen rappelvoll, auch unten sieht es nicht besser aus. Der Weg zu den ohnehin überfüllten Klos dauert jetzt doppelt so lange, weil man sich über und durch Menschen und Ladung kämpfen muss. Unsere Sitznachbarn sind gelinde ausgedrückt sehr neugierig. Sie alle starren uns an, als wären sie im Zoo und wir die Äffchen. Stundenlang, ein seltsames Gefühl. Einmal kommt sogar eine Gurke geflogen, später gibts noch ein Paar Nüsschen. Wir fühlen uns wie Ausstellungsstücke, aber sie meinen es wohl nur gut mit uns und sind wirklich neugierig. Die Sonne geht inzwischen schon unter. Essen gab es nur bis 17 Uhr, dann ist Küchenschluss. Wie gut, dass wir noch Proviant für die restlichen 16-24 Stunden (genaueres weiß man nicht) auf dem Kahn dabei haben! Aber wenigstens sind unsere Autos inzwischen auf dem Weg, wir haben den Lastkahn losfahren sehen!
19 Uhr: Wir legen ab! Als allerletztes sind die 2 Autos und das Motorrad verladen worden, genauso wie unsere: Oben auf die Abdeckung der Ladung.
23 Uhr: Das Deck ist nicht grade komfortabel, wenn es ans Schlafen geht. Ausserdem ist es windig und das Boot schaukelt ziemlich…. nix für Anne.
5.30 Uhr: Endlich morgen, die Sonne geht auf. Wir müssten jetzt bald Abu Simbel passieren. Es gibt schwarzen Tee von der Küche unten, halb ausgeschwappt natürlich, angesichts des Ladungs- und Menschen-Hindernislaufs nach oben.
10 Uhr: Abu Simbel! Da steht es, das Monument, das wie viele andere aus dem Niltal „ausgebaut“ und am Rande des Stausees wieder aufgestellt wurde. Gerne wären wir selbst hingefahren und hätten es nicht nur von Weitem gesehen, das bedeutet aber 500km Umweg und nur im Konvoi fahrbar.
12 Uhr: Wir passieren die eigentliche Grenze mittem im See. Die Fähre stoppt sogar kurz. Grenzkontrolle!
13 Uhr: Ankunft in Wadi Halfa. Das Abladen beginnt. Und wie zu erwarten war, wenn man zuerst drauf geht…
16 Uhr: … ist man der Letzte draussen. Geschafft! 30 Stunden auf der Fähre. Anne ist happy, denn das hier war ihre größte Herausforderung – bis jetzt.

Wadi Halfa

Wir checken ein im „Hotel Nil“. Der Name wird der Sache nur bedingt gerecht, denn der Nil ist fern und die Zimmer sind mehr oder weniger Hütten mit jeweils 4 Betten und Lehmfussboden. Aber für 1,75 Euro die Nacht wollen wir mal nicht meckern.
Das Örtchen hat nicht viel zu bieten, aber immerhin 2 Restaurants, die sogar einigermaßen gutes Essen günstig anbieten. Am Dienstag Morgen müssen wir uns noch registrieren. Dafür braucht man ein Passbild, welche wir natürlich im Bus liegen haben, und der ist noch nicht vor Ort. Also Passbilder machen. Geht erstaunlich fix, man ist hier vorbereitet. Internet suchen wir allerdings vergeblich. Ansonsten sitzen wir aber mehr oder weniger 2 Tage herum und warten. Und trinken Tee. Viel Tee. Und Pepsi. Bier gibt es ja nicht. Dafür drohen jedem, der mit Alkohol erwischt wird, 40 Peitschenhiebe. Dann doch lieber Pepsi.
Um 15 Uhr werden wir zum Hafen bestellt und siehe da, die Autos sind da! Wir können aber erst 17 Uhr abladen, nämlich nachdem die Personenfähre Richtung Assuan wieder abgelegt hat und unser Kahn an der Stelle andocken kann. Inzwischen ist der Zoll aber geschlossen und wir müssen wieder zurück ins „Hotel“. Am nächsten Tag sitzen wir erneut 4 Stunden am Hafen und – man ahnt es schon – warten. Was für eine Zeitverschwendung! Die hatten doch 2 Tage Zeit für die Papiere! Um 14 Uhr am Donnerstag sind wir endlich frei! Wir nehmen die Nilroute über Dongola nach Khartoum.
Am ersten Abend campen wir noch alle gemeinsam am Nil, die anderen haben inzwischen auch ihre Autos wieder.

Khartoum

Nach einer weiteren Nacht in der Wüste erreichen wir die Hauptstadt. Khartoum ist moderner, als wir uns die Stadt nach der Route über Dongola vorgestellt hatten. Es gibt Vertretungen vieler großer europäischer und amerikanischer Unternehmen und sogar ein Shopping Center mit Fast Food Restaurants und Nutella im Regal (und allem was man sich sonst noch so wünschen kann nach 2 Wochen Wüste). Dazwischen trotzdem immer wieder Basare und auch Eselskarren.
Wir campen in einem Segelclub direkt am Nil. Schön ist es nicht, aber zentral. Am nächsten Tag probieren wir den Campingplatz etwas außerhalb. Auch nicht viel besser, aber wir müssen dringend waschen und so legen wir uns abends noch ins Zeug – Handarbeit versteht sich. Bei den Temperaturen hier trocknet alles enorm schnell. Mittags sind es hier schonmal über 40°C. Wir besorgens uns hier auch das kenianische Visum, denn das soll hier ganz unkompliziert sein. Stimmt, nach 15 Minuten sind wir mit Kenia-Visum wieder „on the Road“.

Gallabat

Am nächsten Morgen starten wir schonwieder Richtung äthiopische Grenze. Nach einer weiteren Nacht in der Wildnis – die jetzt schon nicht mehr so „wüst“ ist, es gibt wieder Bäume – erreichen wir die Grenzstadt Gallabat. Nach 2 Stunden haben wir den Papierkram beim Zoll erledigt (das Carnet de Passages fürs Auto braucht immer ewig), fahren über eine kleine Brücke weiter und – fast hätten wirs verpasst – sind schon in Äthiopien…

Allgemein

Im Sudan sind wir als Erstes – abgesehen von den Gaffern auf dem Boot – angenehm überrascht von der Freundlichkeit und Zurückhaltung der Menschen. In Ägypten wollte man einem stets was verkaufen oder Trinkgeld für jede noch so kleine Hilfestellung oder Auskunft haben. Man wusste garnicht mehr, wem man trauen konnte. Das ist hier anders. Die Menschen begegnen uns offen und freundlich. Wir fühlen uns sehr willkommen.
Die Landschaft ist immernoch geprägt von Wüste, obwohl es jetzt schon mehr Büsche gibt und Richtung Äthiopien immer mehr Bäume. Es ist dafür noch heißer als auf der Wüstentour in Ägypten, mittags um die 40°C, im Bus schonmal um die 50°C. Toll, wenn man dann in Khartoum im Stau steht! Es ist wirklich drückend heiß, obwohl wir ja schon einges gewohnt sind inzwischen. Wir nehmen inzwischen auch brav unsere Malaria-Tabletten, denn ab jetzt gehts los mit den kleinen bösen Biestern!
Wir sind nun mitten in Afrika, das wird besonders durch die Lebensumstände der Menschen deutlich. Auf dem Land leben die meisten in Lehmhütten oder Verschlägen aus Holz. Esel sind mit oder ohne Wagen das meistgebrauchte Fortbewegungsmittel.
Dennoch sind wir – gerade nach Medienberichten in Deutschland und der Sorge, die wir und andere uns um den Sudan gemacht haben – sehr positiv überrascht vom Land. Khartoum gilt als eine der sichersten Hauptstädte der Welt und auch auf de Land ist Kriminalität sogut wie unbekannt.
Natürlich gibt es weiterhin Gegenden, in die man sich besser nicht begeben sollte (s. Darfur im Westen des Landes), aber diese Gebiete haben wir auch weiträumig umfahren und können daher nur für den Nordosten sprechen.